Es wurde ja schon gefühlte 100.000x gesagt und geschrieben, dass 2020 unsere Welt verändert hat. Und ja, definitiv gibt es viele Gewohnheiten und Mechanismen, die einem GUTEN LEBEN FÜR ALLE – auch den MEHR-ALS-MENSCHLICHEN WESEN ohnehin nicht gut tun. Wie zynisch, dass es es eine Gesundheits- und Wirtschaftskrise in der „ersten Welt“ – und damit noch mehr leidende Wesen – braucht, um deutlich zu spüren wie krank unser System ist. Wie grausam, dass es selbst unter diesen Umständen für die herrschenden, dominanten Systemerhalter*innen nicht selbstverständlich ist, die geltenden Normen, Regeln und Praktiken mit sofortiger Wirkung zu hinterfragen und bestmöglich zu verändern.
Dass nun gerade DIEjenigen Bereich, die für eine nachhaltige Welt am dringendsten benötigt werden am stärksten von „den Maßnahmen“ betroffen sind – VERANSTALTUNGS- und VERSAMMLUNGSFREIHEIT, BILDUNG, KUNST & KULTUR, FAMILIE & FREUNDE und damit verbunden NÄHE, AUSTAUSCH, UNMITTELBARKEIT und SINNLICHE ERFAHRUNGEN – entbehrt einer schmerzhaften Ironie nicht.
Gerade die Change Makers sind nun WIRKLICH gefordert. Und wir dürfen nun im Schnellverlauf sehen ob das zu Lernende – RESILIENZ, AmbiguitätsTOLERANZ, SituationsELASTIZITÄT, ErgebnisOFFENHEIT, PotentialOTIENTIERUNG – anwenden können, wenn es darauf ankommt – nämlich JETZT. Was geblieben ist und sich als wahrhaftig überdimensionalen Spielfeld zeigt ist, ist die Symbiose von NATUR und dem digitaler RAUM. KÖRPER und GEIST in ihrer kristallisierten Form verbinden – ein Spagat während wir (ich) eigentlich noch bei den Dehnungsübungen waren.
Ein anderes Bild, das in der Tiefenökologie für die WESENSTIEFE der TRANSFORMATION steht ist die Verwandlung der Raupe in den Schmetterling. Danke an Andrea (Plano Alto, CH), der mir das mal in einer herausfordernden Zeit diesen – manchen von Euch bereits bekannten Text – von Geseko von Lüpke, (Zukunftsforscher und Autor) geschickt hatte:
Imago-Zellen
„Wir befinden uns fraglos in einem spannenden Zustand des Übergangs, an dem unendlich viele Menschen mitweben. Gerade weil dieses Gewebe voller Muster und Ebenen ist, lässt es sich nur schwer beschreiben. Der alternative Nobelpreisträger Nicanor Perlas war selber jahrelang auf der Suche nach so einem Bild, welches das Gewebe des Wandels in ein für jeden verständliches Bild brachte. Und er fand es schließlich in dem, was die moderne Biologie heute über die Transformation der Raupe zum Schmetterling weiß:
Wenn sich eine Raupe in ihren Kokon einspinnt, dann entstehen – so wissen wir heute – in ihrem Körper neue Zellen, die von der Wissenschaft „Imago-Zellen“ genannt werden. Sie schwingen in einer anderen Frequenz als der Rest des Raupenkörpers. Sie sind so andersartig, dass das Immunsystem der Raupe sie für feindliche Fremdkörper hält, sie angreift und verschling. Aber diese neuen Imago-Zellen tauchen erneut im Raupenkörper auf und werden immer mehr. Schon bald kann das Immunsystem der Raupe diese Zellen nicht mehr schnell genug vernichten. So überleben immer mehr der Imago-Zellen diese Angriffe. Und dann passiert etwas Erstaunliches: Die kleinen und bis dahin ziemlich einsamen Imago-Zellen beginnen sich in kleine Gruppen zu verklumpen. Dabei schwingen sie auf einer ähnlichen Ebene und beginnen von Zelle zu Zelle, Informationen miteinander auszutauschen. Die Klumpen von Imago-Zellen beginnen Gruppen zu bilden! Dann, an einem bestimmten Punkt, scheint dieser lange Faden von Imago-Zellen plötzlich zu begreifen, dass er etwas ist. Etwas anderes als die Raupe. Etwas Neues! Und mit der Erkenntnis einer eigenen Identität verwandelt er den alten Raupenkörper von Innen. Diese Erkenntnis ist die eigentliche Geburt des Schmetterlings. Denn damit kann jetzt jede Schmetterlingszelle ihre eigene Aufgabe übernehmen. Für jede der neuen Zellen ist etwas zu tun, alle sind wichtig. Jede Zelle beginnt das zu tun, wo es sie am meisten hinzieht. Und alle anderen Zellen unterstützen sie darin, genau das zu tun.
Was die Natur als perfekte Methode, einen Schmetterling zu erschaffen, vormacht, könnte als Analogie für die Prozesse der gesellschaftlichen und kulturellen Transformation der Gegenwart dienen. Menschen, die für neue Möglichkeiten wach werden, sind so etwas wie die Imago-Zellen der Gesellschaft. Der Prozess der sozialen Transformationen beginnt mit dem Auftauchen von Individuen, welche die Samen der Zukunft in sich tragen. Sie sind „imaginativ“, indem sie in ihrem Sein und ihrer Identität einen Aspekt der zukünftigen Wirklichkeit in sich tragen. Diese innovativen Individuen sind so etwas wie Fackelträger einer sich entfaltenden Zukunft. Sie mögen Rückschläge erleben, sind jedoch in ihrer Dezentralität nicht zu eliminieren. Um sich durchzusetzten müssen die verschiedenen Bewegungen, die in sich als Samen die verschiedenen Möglichkeiten einer Zukunft tragen, lernen, so zusammenzukommen, dass sie sich gegenseitig in ihren jeweiligen Identitäten und Fähigkeiten unterstützen und stärken. Gesellschaftliche Transformation wird erst dann wirklich möglich, wenn diese ganz verschiedenen Identitäten es lernen, mit- und untereinander eine Synergie zu schaffen. Das steht uns bevor.“
ODER AUCH DIESE VERSION:
Die Parabel vom Schmetterling
„Eines Tages erschien eine kleine Öffnung in einem Kokon; ein Mann beobachtete den zukünftigen Schmetterling für mehrere Stunden, wie dieser kämpfte, um seinen Körper durch jenes winzige Loch zu zwängen. Dann plötzlich schien er nicht mehr weiter zu kommen. Es schien als ob er so weit gekommen war wie es ging, aber jetzt aus eigener Kraft nicht mehr weitermachen konnte. So beschloss der Mann, ihm zu helfen: Er nahm eine Schere und machte den Kokon auf. Der Schmetterling kam dadurch sehr leicht heraus.
Aber er hatte einen verkrüppelten Körper, er war winzig und hatte verschrumpelte Flügel. Der Mann beobachtete das Geschehen weiter, weil er erwartete, dass die Flügel sich jeden Moment öffnen und sich ausdehnen würden, um den Körper des Schmetterlings zu stützen und ihm Spannkraft zu verleihen. Aber nichts davon geschah Stattdessen verbrachte der Schmetterling den Rest seines Lebens krabbelnd mit einem verkrüppelten Körper und verschrumpelten Flügeln. Niemals war er fähig zu fliegen.
Was der Mann in seiner Güte und seinem Wohlwollen nicht verstand, dass der begrenzende Kokon und das Ringen, das erforderlich ist damit der Schmetterling durch die kleine Öffnung kam, der Weg der Natur ist, um Flüssigkeit vom Körper des Schmetterlings in seine Flügel zu fördern. Dadurch wird er auf den Flug vorbereitet sobald er seine Freiheit aus dem Kokon erreicht. Manchmal ist das Ringen genau das, was wir in unserem Leben benötigen. Wenn wir durch unser Leben ohne Hindernisse gehen dürfen, würde es uns lahm legen. Wir wären nicht so stark, wie wir sein könnten, und niemals fähig zu fliegen.„